Christian Plattner: «Meine Maturaarbeit schrieb ich über polymorphe Computerviren»

Christian Plattner schloss sein Informatikstudium an der ETH Zürich 2002 ab. Er programmierte bereits als Schüler, arbeitete während des Studiums in der Industrie und gründete während des Doktorats die Firma Cleondris, die er bis heute leitet.

Christian Plattner
Christian Plattner interessierte sich als Teenager für Informatik und begann bereits während des Studiums in der Industrie zu arbeiten.

Christian Plattner, warum haben Sie sich damals für ein Informatikstudium entschieden?
Ich war schon als Teenager in der Mailbox- und Computer-Demo-Szene drin und programmierte 1k-Intros in Assembler. Es war eine sehr spannende Zeit, denn nur wenige Leute hatten damals Internetzugriff. Wir tauschten uns über FidoNet und Mailboxen aus. Einer der Co-Administratoren unserer Mailbox wählte sich täglich mit einer sogenannten «Blue Box» kostenlos aus Argentinien in die Schweiz ein. Meine Maturaarbeit 1995 schrieb ich über polymorphe Computerviren. Da war der Weg zum Informatikstudium an der ETH nicht mehr weit.

Was war Ihre Lieblingsvorlesung?
Die Vorlesungen von Professor Jürg Gutknecht waren spannend. Seine unorthodoxe Kleiderwahl war danach das Tagesgespräch bei uns Studierenden. Sehr lehrreich war auch Professor Niklaus Wirth, er konnte aber auch sehr streng sein. Als ich einmal in der Pause im Vorlesungssaal ein Sandwich ass, stauchte er zu Beginn der zweiten Stunde die ganze Studentenschaft zusammen, was mir, gelinde gesagt, peinlich war. Ich war aber trotzdem sehr stolz, als ich später mit den Doktorierenden von Professor Gutknecht einen Treiber für Wirths Oberon-System programmierte und dabei ein, zwei Worte mit ihm wechseln durfte.

Welche anderen Momente aus dem Studium sind Ihnen besonders in Erinnerung geblieben?
Meine Eltern machten mir schon zu Beginn des Studiums klar, dass es fertig sei mit Hotel Mama. Durch einen Zufall ergatterte ich ein Vorstellungsgespräch bei der damaligen Cablecom, wo ich während des restlichen Studiums arbeitete. Das war grossartig! Der damalige CIO Marco Quinter gab mir viele Freiheiten und ich durfte die Informatik eines grossen Betriebs in allen Facetten kennenlernen. Mein Industriepraktikum absolvierte ich auch dort. Ich erinnere mich noch gut, wie ich beim Studienberater Michael Baumer die Bewilligung dafür einholen musste. Heute ist er ein Zürcher Stadtrat. Und schliesslich war auch meine Diplomarbeit speziell.

Inwiefern?
Ich konnte sie zusammen mit meinem Kollegen Reto Baumann bei der Sicherheitsfirma Open Systems schreiben. Das war damals nicht üblich, aber Open Systems hatte gute Beziehungen zur ETH, und so konnten wir uns drei Monate lang intensiv mit Honeypots befassen. Das war 2001, als Cybersicherheit noch eine Nische war.

Trotz der frühen Arbeitserfahrung gingen Sie nach dem Studium nicht direkt in die Industrie, sondern entschieden sich für ein Doktorat. Wie kam es dazu?
Bei Cablecom hatten wir viele Daten in PostgreSQL-Datenbanken. Die Skalierung dieser Systeme war aufwendig. Die einzige Lösung war Upscaling, also immer teurere Hardware einzusetzen. Als ich sah, dass Professor Gustavo Alonso an Datenbankreplikation (Postgres-R) arbeitete, meldete ich mich spontan bei ihm und er bot mir eine Doktoratsstelle an. Die Gruppe von Professor Alonso hatte exklusiven Zugriff auf den Xibalba-Computercluster, der aus knapp 200 Servern bestand. Dort konnte ich mich austoben und die Replikationslösung testen. Auch die Betreuung von Studierenden in der legendären SysProg-Vorlesung war sehr lehrreich. Als Alumnus werde ich bis heute jedes Jahr zum Weihnachtsessen der Systems Group eingeladen – und staune, wie das Institut inzwischen gewachsen ist.

Was haben Sie nach Ihrem Doktorat gemacht?
Mit der Einwilligung von Professor Alonso gründete ich schon während des Doktorats meine eigene Firma. Wir arbeiten jetzt seit 15 Jahren mit Unternehmenskunden zusammen und unser kleines Startup hat sich zu einem weltweit führenden Anbieter für Datensicherung und Ransomware-Schutz entwickelt.  Bei diesen anspruchsvollen Kunden öffnet der ETH-Doktortitel viele Türen und ist eine grosse Hilfe. Das Informatikstudium an der ETH Zürich geniesst einen grossartigen Ruf.

Was wünschen Sie dem Departement Informatik zum 40. Geburtstag?
Auch wenn ich das als Student nicht gewünscht hätte: Ich hoffe, dass das D-INFK auch weiterhin eine hochwertige, strenge Ausbildung anbietet, bei der man nichts geschenkt bekommt. Informatikabgängerinnen und -abgänger der ETH sind nicht ohne Grund weltweit begehrte Mangelware.

40 Jahre D-INFK

1981 wurde der Studiengang Informatik an der ETH Zürich eingeführt. Gleichzeitig wurde die Abteilung IIIC gegründet, der Grundstein für das heutige Departement Informatik. Im Rahmen des 40-jährigen Jubiläums stellen wir Alumnae und Alumni vor, die in den letzten vier Jahrzehnten ihr Wissen und ihre Fähigkeiten von der ETH Zürich in die Welt getragen haben.

Jubiläumswebsite

JavaScript wurde auf Ihrem Browser deaktiviert